Nicht ich hasse meinen Körper, die Gesellschaft hasst ihn | Rezension: Dietland

Die Serie Dietland ist für mich eine der besten dieses Jahres und eine der besten feministischen Serien überhaupt. Die Hauptperson Plum (deutsch: Pflaume) beantwortet für eine „Frauen“zeitschrift jede Woche Zuschriften von zunehmend verzweifelten, missbrauchten, selbstverletzenden oder leidenden Frauen. Sie gerät über ihre scheiternden Diätversuche und einige überraschende Bekanntschaften mit radikalen Feministinnen in ein Frauennetzwerk namens Calliope House, deren Vorhaben erst im Verlauf der ersten Staffel ganz klar werden. Parallel dazu taucht die feministische „Jennifer“ auf, die Vergewaltiger und Frauenmörder sehr öffentlichkeitswirksam umbringt.

Nicht nur schafft es die Serie dabei, feministische Diskurse und Probleme aufzuzeigen und oftmals eine völlig neue Sichtweise darauf zu eröffnen, sondern sie ist spannend, visuell sehr schön und keiner der Charaktere ist einseitig gezeichnet. Das Frauennetzwerk Calliope House wirkt zunächst, als wolle es Plum davon abbringen, ihre geplante Magenverkleinerung durchzuführen und sie davon zu überzeugen, dass sie sich nur selber lieben muss – ein Diskurs, wie er in der liberal-feministischen Body-Positivity-Bewegung gerade geführt wird. Plum lässt sich zunächst nicht überzeugen, denn sie stellt ganz richtig fest: Nicht ich hasse meinen Körper, die Gesellschaft hasst ihn.  

Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Debatte um die Schlagkräftigkeit des Feminismus: Wie viel Gewalt dürfen oder müssen wir anwenden, um Frauenmörder und Vergewaltiger zu bekämpfen? Die Serie macht es sich nicht einfach, diese Frage zu beantworten. Sie zeigt natürlich die negativen Seiten von Gewalt, aber lässt auch nicht außer Acht, dass es positive Seiten haben kann, wenn Männer plötzlich tatsächlich anfangen Respekt vor Frauen haben (zu müssen). Eine Frau im TV sagt so etwa: „Ich konnte das erste Mal seit Jahren ohne Angst nachts joggen“. Insgesamt ist es eine Serie, die Klischees vermeiden kann, dabei trotzdem spannend bleibt und für die ich jede Woche gerne immer dienstags alle Termine absage, damit ich die neue Folge schauen kann.

Miriam Bömer, UB Hamm/Unna/Soest