Die Lieblingspodcasts der Redaktion

Dissens

Kritisieren was mies ist – und was sich ändern muss. Dieses Motto hat sich Lukas Ondreka für seinen Gesprächs-Podcast Dissens gesetzt. Einmal wöchentlich erscheint eine neue Folge und in jeder davon hat Lukas sich eine*n spannende*n Interviewpartner*in gesucht. Alle davon haben in einer sehr breiten Definition mit der linken Szene zu tun. Er interviewt linke Forscher*innen, Aktivist*innen, Journalist*innen, Politiker*innen und Autor*innen. Das Spektrum reicht von Klimaschutz und der Frage, ob „grüner“ Konsum möglich ist, über emanzipatorische Identitätspolitik und Rechte in der Polizei bis zur Prostitution – alles Themen, die uns als linke und überhaupt politische Menschen beschäftigen. Gäste waren zum Beispiel Yanis Varoufakis, Gründer der pro-europäischen Partei Diem 21, die umstrittene queerfeministische Journalistin Hengameh Yaghoobifarah oder Kapitänin Pia Klemp, die über die Repressalien der Seenotrettung berichtet. Ondreka geht kritisch, aber immer wertschätzend mit seinen Gästen um und bleibt dabei kurzweilig, klar und immer spannend. 

Miriam Bömer, KV Bremen

Linksaußen

Passend zur Ausgabe beschäftigt sich dieser Podcast nicht nur mit linksradikalen Perspektiven, sondern auch mit Fußball (und Eishockey). Primär geht es hier aber nicht um Ergebnisse und Spieltage, sondern vielmehr um Fankultur, Fanszenen und antikapitalistische Sichtweisen auf einen kapitalisierten Sport. Aber auch als Nicht-Fußballfan lohnt sich dieser Podcast vom linken Journalisten und Aktivisten Sören Kohlhuber: Es geht auch um Antifaschismus, Polizeikritik und Einblicke aus mehreren Jahren Demo-Fotografie und Aktivismus. Meistens gibt es ein*e Interviewpartner*in aus der linken oder linksradikalen Szene und Kohlhuber und Gast beschäftigen sich mit Themen, die gerade wichtig sind: Memekultur, feministischer Rap, aber auch antifaschistische Arbeit in der Schweiz oder Österreich. Diese Gäste sind dabei keine Szenegrößen, sondern Personen, die regional gute Arbeit leisten und bisher eher unbekannt sind. Besonders spannend sind die Einblicke in Polizeiarbeit. So erfährt man, wie eine Hausdurchsuchung abläuft und wie man sich dabei verhält, wie und wann Wasserwerfer eingesetzt werden und wie Hundertschaften aufgebaut sind. Jede Folge endet mit einer Lesung aus einem seiner Bücher – am besten also abends zum Einschlafen hören!

Miriam Bömer, KV Bremen

TripleClick

Drei ehemalige Redakteur*innen des US-amerikanischen Gaming-Magazins Kotaku (Maddie Myers, Kirk Hamilton, Jason Schreier) haben zu Beginn der Corona-Epidemie mit ihrem eigenen Gaming-Podcast angefangen. Deshalb beziehen sich gerade die ersten Folgen auch viel auf Videospiele in der Pandemie und man kann verfolgen, wie sich die Struktur des Podcasts langsam herausbildet. Es gibt immer ein großes Hauptthema, wie “Was ist intuitives Spielewissen?”, “Polizist*innen in Games” oder auch “XBox vs. PlayStation”. Ansonsten reden die drei über aktuelle Ereignisse im Gaming und allem was damit zusammenhängt, politische Ereignisse und schweifen gerne mal vollkommen ab. Zu hören ist der Podcast über die üblichen Streamingdienste. Wenn man will, kann man dem Netzwerk, über das sich der Podcast finanziert, auch Geld spenden und bekommt dann eine zusätzliche Folge im Monat. Mir persönlich reichen die kostenlosen Folgen vollkommen aus. Der Podcast ist auf Englisch, man kommt aber ganz gut rein und lernt nebenbei noch neue Redewendungen.

Steffen Göths, LV Brandenburg

Rezension: Die Deislers “Da ist kein Licht”

Söhne ihrer Klasse

In Zeiten von Streamingdiensten sind handfeste Tonträger gerade von kleinen Bands ja eher die Ausnahme geworden. Auch wenn Vinyl wieder im Aufwind ist, werden die Presswerke häufig von fragwürdigen Neuauflagen alter Klassiker belegt, die man auch für einen Fünfer auf dem Flohmarkt bekommt. Das neue Album der Deislers, “Da ist kein Licht” ist da eine erfrischende Ausnahme. Die einseitig bespielte 12’’-Platte kommt in einem stabilen Pappschuber daher, der ziemlich schick schwarz auf schwarz bedruckt ist. Ein Textblatt gibt es auch noch dazu.

Die Vier vom Niederrhein, die vor allem für exzessives Touren und abgefahrene Ideen wie “16 Tage / 16 Bundesländer” bekannt sind, legen etwas vor, das von der Länge irgendwo zwischen langer EP und kurzem Album liegt. Die sieben Songs rauschen in insgesamt weniger als 20 Minuten über die Ziellinie. Da bleibt nicht viel Zeit für lange Intros, sondern es geht sehr direkt in die Vollen. Die Produktion ist sehr authentisch und unpoliert, trotzdem nie matschig, die Instrumente sind immer gut unterscheidbar.

„Rezension: Die Deislers “Da ist kein Licht”“ weiterlesen

Auszug George Orwell – Mein Katalonien

Fünftes Kapitel

Östlich von Huesca ereignete sich bis spät in den März hinein nichts – fast buchstäblich nichts. Wir lagen zwölfhundert Meter weit vom Gegner entfernt. Als die Faschisten nach Huesca zurückgetrieben wurden, hatten sich die Truppen der republikanischen Armee, die diesen Frontabschnitt hielten, bei ihrem Vormarsch nicht übereifrig gezeigt, und so formte sich die Front hier wie eine Tasche. Später musste sie vorverlegt werden – sicher unter Beschuss eine heikle Sache -, aber augenblicklich hätte der Feind ebenso gut gar nicht vorhanden sein können. Unsere einzige Beschäftigung bestand darin, uns warm zu halten und genug zu essen zu bekommen. Tatsächlich gab es einiges, was mich während dieser Zeit interessierte, und ich werde später davon berichten. Aber ich halte mich wohl enger an den Ablauf der Ereignisse, wenn ich hier zunächst versuche, eine Darstellung der innenpolitischen Situation auf der Regierungsseite zu geben.

„Auszug George Orwell – Mein Katalonien“ weiterlesen

Rezension: Support your sisters not your cisters. Über Diskriminierung von trans*Weiblichkeiten von FaulenzA

Auf das Buch von FaulenzA war ich sehr gespannt und vieles zum Thema Transmisogynie verstehe ich jetzt definitiv besser. Oft hatte ich aber den Eindruck, dass sie ihre persönlichen Eindrücke verallgemeinert und nicht belegt, was sie schreibt. Zwar finde ich es wichtig, die eigenen Erfahrungen niederzuschreiben, aber meiner Meinung nach verlangt vieles im Buch nach einer Begründung, die über den reinen Verweis auf die eigene Subjektivität hinausgeht.

Patriarchat, Privilegien und Weiblichkeit

Speziell FaulenzAs Erklärungen zur Abwertung von Weiblichkeit in der (queer-)feministischen Szene (ab S.39) haben mich geärgert. Sie unterstellt, Feminist*innen lehnten Weiblichkeit als ihnen aufgezwungene Rolle ab und eigneten sich deshalb »männliche« Verhaltensweisen an, die als »stark« und »empowert« gelten. Das ist meiner Ansicht nach aber ein falsches Verständnis von feministischer Kritik. Es geht mir z.B. tatsächlich um die Auseinandersetzung mit problematischen Rollenbildern. Weiblichkeit wird aber nicht per se von Feminist*innen abgewertet, sondern ihre gesellschaftlich gesetzte »Minderwertigkeit« entspringt der patriarchalen Geschlechterordnung, die wir abschaffen wollen.

„Rezension: Support your sisters not your cisters. Über Diskriminierung von trans*Weiblichkeiten von FaulenzA“ weiterlesen

Rezension: Support your sisters not your cisters. Über Diskriminierung von trans*Weiblichkeiten von FaulenzA

„Support Your Sisters, Not Your Cisters!“ – Mit diesem Slogan wird in der Trans*bewegung zum Ausdruck gebracht, dass es nicht reicht, für Cis1-Frauen zu kämpfen, sondern dass der feministische Kampf alle Frauen – also auch Trans*frauen! – miteinschließen muss. Tatsächlich sind Trans*personen im Allgemeinen und Trans*frauen im Besonderen aber auch in linken und feministischen Räumen häufig Anfeindungen und Ausschlüssen ausgesetzt.

„Rezension: Support your sisters not your cisters. Über Diskriminierung von trans*Weiblichkeiten von FaulenzA“ weiterlesen
  1. Cis bedeutet, dass eine Person sich mit dem Geschlecht identifiziert, dass ihr bei der Geburt zugeordnet wurde, z.B. Cis-Frauen, Cis-Männer. Trans*personen dagegen identifizieren sich nicht mit dem Geschlecht auf ihrer Geburtsurkunde.

Nicht ich hasse meinen Körper, die Gesellschaft hasst ihn | Rezension: Dietland

Die Serie Dietland ist für mich eine der besten dieses Jahres und eine der besten feministischen Serien überhaupt. Die Hauptperson Plum (deutsch: Pflaume) beantwortet für eine „Frauen“zeitschrift jede Woche Zuschriften von zunehmend verzweifelten, missbrauchten, selbstverletzenden oder leidenden Frauen. Sie gerät über ihre scheiternden Diätversuche und einige überraschende Bekanntschaften mit radikalen Feministinnen in ein Frauennetzwerk namens Calliope House, deren Vorhaben erst im Verlauf der ersten Staffel ganz klar werden. Parallel dazu taucht die feministische „Jennifer“ auf, die Vergewaltiger und Frauenmörder sehr öffentlichkeitswirksam umbringt.

„Nicht ich hasse meinen Körper, die Gesellschaft hasst ihn | Rezension: Dietland“ weiterlesen

Rezension: Mädelsache von Andrea Röpke und Andreas Speit

Bild: Ch. Links Verlag

„Nationalismus ist auch Mädelsache“ heißt es in der rechten Szene und dennoch werden rechte Mädchen und Frauen öffentlich selten wahrgenommen, gelten häufig als weniger radikal und militant und werden oft zu Mitläuferinnen und zum Anhang männlicher Rechter degradiert. Mit diesen fehlerhaften Einschätzungen setzen sich die Wissenschaftler*innen und Journalist*innen Andrea Röpke und Andreas Speit in „Mädelsache. Frauen in der Neonazi-Szene“ auseinander. Sie nehmen den Prozessauftakt gegen Beate Zschäpe 2013 zum Anlass, das bereits 2011 erschienene Buch aktualisiert zu veröffentlichen.

„Rezension: Mädelsache von Andrea Röpke und Andreas Speit“ weiterlesen

Berlin Rebel High School

Eine andere Schule. Das ist der Wunsch vieler Pädagog*innen und Persönlichkeiten, auch im Schuldienst. Von vielen wird eingestanden, dass unser Schulsystem, welches noch größtenteils aus dem Kaiserreich hervorgeht, nicht mehr zeitgemäß und dem sozialen Fortschritt gegenüber nicht mehr angemessen ist.

Der Film „Berlin Rebel High School“ greift diese Thematik auf. Genauer gesagt handelt es sich um eine Dokumentation, die eine selbstverwaltete Schule in Westberlin zeigt, die 1973 als gemeinnütziger Verein gegründet wurde. Heute hat sie 200 Schüler*innen die basisdemokratisch alle Entscheidungen im Kollektiv mit den Lehrer*innen und weiteren Mitarbeiter*innen treffen. Auch werden die Lehrer*innen durch die Schüler*innen angestellt und generell herrscht ein Klima, welches das Lernen angenehmer macht. Das Ziel ist am Ende das Abitur nachzuholen. Die Schule möchte tatsächlich eines sein: radikal-anders und freiheitlich. Der Gründung geht ein Schulstreik an der privaten Gabbe-Lehranstalt voraus, der sich gegen Autoritarismus, politisch bedingter Kündigungen, Leistungsdruck und überfüllte Klassen richtete.
„Berlin Rebel High School“ weiterlesen

KAFVKA – Fick dein Volk

Pöbeln gegen Pegida, AfD und den ganzen Rest

KAFVKA aus Berlin verstehen sich explizit als politische Band und so haben sie im September einen Song veröffentlicht, der sich an Pegida, AfD und all die “besorgten Bürger*innen” richtet – mit anderen Worten also all jene, die sich dafür stark machen, endlich wieder hemmungslos rassistisch, antisemitisch, homophob und sexistisch sein zu dürfen. Unter dem Motto “Fick dein ‘Wir sind das Volk’-Geschrei” nutzt die Band etwas mehr als zwei Minuten, um der Neuen Rechten und alles was da dran hängt mal die Meinung zu geigen. Musikalisch orientiert man sich bei Limp Bizkit und Rage Against The Machine (die Älteren unter euch mögen sich daran erinnern), ohne dabei allerdings das gleiche Niveau zu erreichen, insbesondere der Gesang / Rap hat noch etwas Luft nach oben. Doch der Wille zählt, da sehe ich persönlich etwas von den musikalischen Schwächen ab.
„KAFVKA – Fick dein Volk“ weiterlesen