Bildung und Autorität

Konjunkturen der Bildungspraxis

Als ich in den 2000er-Jahren ein sozialwissenschaftliches Studium an einer deutschen Universität absolvieren durfte, war der Seminarbesuch oft eine ambivalente Erfahrung. Einerseits gab es viele spannende und für mich neue Theorien zu lernen. Doch andererseits bekamen wir, die wenigen linken Student*innen im Seminar, nur allzu häufig rassistische, nationalistische und antisemitische Positionen anderer Student*innen zu hören. 

Die Dozent*innen, die durch die Auswahl der Seminarinhalte und der Texte durchaus eine gesellschaftskritische Haltung hatten erkennen lassen, hielten sich in diesen Fällen auffällig zurück. 

In einem Gespräch mit ihnen stellte sich schließlich heraus, woher diese Zurückhaltung rührte.

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Solidarität mit den Mädchen und Frauen in Afghanistan!

Bildung ist ein Menschenrecht!

Im August letzten Jahres wurde die Befürchtung vieler Menschen in Afghanistan wahr: Nachdem der Großteil Afghanistans fast 20 Jahre frei von der Herrschaft der Taliban war, eroberten diese erneut das gesamte Land. Der NATO-Einsatz 2001 war der Start für einen 20 Jahre andauernden Krieg. Der Abzug der Truppen im Jahr 2021 stärkte die Taliban und ermöglichte die Rückeroberung des Landes. Für viele Menschen in Afghanistan hat das weitreichende Konsequenzen: Aufgrund der Absage internationaler Unterstützung wurden Konten eingefroren, viele haben ihre Jobs verloren, Frauen dürfen viele Jobs nicht mehr ausüben. Das führt dazu, dass Armut sich im ganzen Land ausbreitet. Die Taliban töten gezielt Zivilist*innen, queeren Menschen droht der Tod, wenn sie als queer erkannt werden und die Gruppe der Hazara wird von den Taliban als Menschen zweiter Klasse angesehen und erneut massiv unterdrückt und verfolgt.

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Revolutionäre jüdische Bildung – Gegen den Faschismus

Stell Dir vor, Du wachst eines Tages auf und findest dich in einer “Spiegelgesellschaft” wieder, in der alle deine Erfahrungen, soziale Normen und all jene Debatten oder Konflikten mit denen Du aufgewachsen bist, entlang zweier Pole dargestellt sind. Die sozialistische internationale Bildung hat dich viele Jahre lang inspiriert, besonders die Idee, dass wir in einer sozialistischen Gesellschaft in Solidarität, in Frieden und als Gleiche leben können. Aber welchen Platz nimmt darin eine sozialistische jüdische Bildung ein? Deutschland ist nicht Israel, vor allem nicht in Bezug auf diese besondere Identität des Judentums und die Auswirkungen, die sie auf die Bildungsarbeit hat. Die historischen Wurzeln des revolutionären sozialistischen Judentums und ihr Einfluss auf sozialistische Bewegungen sind unbestreitbar, werden aber kaum anerkannt und bleiben oft unbeleuchtet.

Sommermachane im Jahr 2021
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Ändere die Welt, sie braucht es!

Bertolt Brechts Lehrstücktheater

Bertolt Brecht

In den 1930er Jahren entwickelte der kommunistische Theatermacher Bertolt Brecht gemeinsam mit seinen künstlerischen Weggefährt*innen neue Formen des Theaters, die er Lehrstücktheater und episches Theater nannte. Dieses Theater verfolgte im Wesentlichen drei Ziele. Es sollte erstens dem Publikum eine produktive, die Welt ändernde Haltung nahelegen. Zweitens sollte es eine Übung im dialektischen Denken darstellen. Und schließlich sollte es das proletarische Publikum und seine Genoss*innen auf ein „direktes Sich engagieren im Kampf“, genauer im Klassenkampf, vorbereiten. Diese Ziele machen das Lehrstück- und das epische Theater für unsere sozialistische Bildungspraxis bei den Falken relevant. Während wir bei den Falken meist sehr gut darin sind, den gesellschaftlichen Ursachen unserer alltäglichen Erfahrungen auf den Grund zu gehen, hapert es meiner Beobachtung nach bei der Entwicklung politischer Strategien zu ihrer Bekämpfung.

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Lernen fürs (Politiker*innen-)Leben – Jugendparlamente als Orte der Bildung?

Jugendparlamente haben derzeit politisch Hochkonjunktur. Für ihre Lobbyist*innen sind sie nicht nur eine „‘von oben zugestandene, institutionell gesicherte und eingehegte“ Möglichkeit, Beteiligung zu organisieren, sondern auch ein Ort der Bildung, denn sie böten „viele positive Lerngelegenheiten für die nachwachsende Generation und machen sie fit für eine vielfältiger gewordene Demokratie“.

Mitreißende Einblicke in ein sozialdemokratisches Jugendparlament in Österreich
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Kommentar zu “Über das Elend im Schülermilieu”

Selten hat eine politische Aktion eine solche Solidarität in mir hervorgerufen wie ein Vorfall in Würzburg vor kurzem. Im März erregte ein schulkritisches Flugblatt, das ein 11.-Klässler an seine Mitschüler*innen verteilte, einiges an Aufmerksamkeit. Die Schulleitung empörte sich über die „verstörenden Inhalte“ und suspendierte den Schüler, Finn, für drei Tage, weil der „Schulfrieden gestört“ worden sei. Er hatte in seinem zweiseitigen Text „Über das Elend im Schülermilieu“ festgestellt, dass Alltag in der Schule für Schüler*innen vor allem durch Langeweile und Stress gekennzeichnet ist. Man hört gezwungenermaßen passiv zu, sollte aber auch jederzeit damit rechnen, aktiv eine Leistungskontrolle meistern zu müssen. Diese Mischung aus dröger Einfalt und furchtbarer Angst sollte überwunden werden, fordert er im Flugblatt.

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Über das Elend im Schülermilieu – Eine Flugschrift

Logo der 2. Situationistischen Internationale

Das alltägliche Leben der Schülerinnen zeichnet sich dadurch aus, dass es kein Leben ist. Es wäre dieser Bezeichnung würdig,  wäre  es  nicht determiniert und strukturiert durch eine durch und durch dysfunktionale Institution: die Schule bildet den konstitutiven Rahmen des Alltags der Schülerinnen. Sie  bestimmt  wo  und  womit  die  Schülerin  den  Großteil  ihrer Zeit verbringt, welchen Themen sie ihre Aufmerksamkeit widmet, was  sie denkt, wann sie  aufsteht  und  wann  sich  schlafen  legt.  Sie  diszipliniert und kontrolliert sie. Und: die Schule macht psychisch krank.

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Rezension „Beziehungsweise Revolution“

Der Titel ist schon einmal vielversprechend: Beziehungsweise Revolution – 1917, 1968 und folgende. Wer kennt nicht die romantische Träumerei: Man ist Revolutionär*in, der*die Partner*in auch und im Tumult der revolutionären Unruhen weiß man um die gegenseitige Verbundenheit, wirft sich inmitten der Menge kurze intime Blicke zu und für einen Moment hört man das Getöse um sich herum nicht mehr – und nur einen Augenblick später schwillt es wieder an und man wird wieder Teil der revolutionären Menge.

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Hilfe, meine Beziehungen sind verdinglicht

Viele Menschen fühlen sich von den gesellschaftlichen Entwicklungen überrannt und so, als könnten sie gar nichts dagegen tun. So scheint beispielsweise der Klimawandel allem Aktivismus zum Trotz unaufhaltsam: weil Kohle und Erdöl so billig sind, hat jedes Land und jedes Unternehmen einen Nachteil, wenn es selbst darauf verzichtet, aber die anderen nicht. Die Rente scheint perspektivisch ohnehin verloren, denn wer soll die finanzieren? Und Privatsphäre in der digitalen Welt wird wohl weitgehend eine Illusion bleiben, solange man mit personalisierter Werbung so viel Geld verdienen kann. Armut und Arbeitslosigkeit sind in dieser Gesellschaft auch nicht zu vermeiden und der Faschismus verschwindet auch nie wirklich. Kurz: es scheint, als hätte diese Gesellschaft ein Eigenleben, dem weder Politik, Gewerkschaften noch irgendjemand anderes etwas entgegensetzen können. Was bleibt da anderes übrig, als wie ein Surfer auf der Welle der ohnehin stattfindenden gesellschaftlichen Entwicklungen zu reiten, anstatt sich gegen das aufzulehnen, was scheinbar so oder so kommen wird?

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